Montag, 02.09.2024

Interview mit Sportdirektor Chris Löwe: "Das war eine brutal schwere Entscheidung"

Nach der Beurlaubung von Cheftrainer Christian Tiffert am Montagvormittag haben wir mit Sportdirektor Chris Löwe über die Hintergründe dieser Entscheidung und die Anforderungen an einen Nachfolger gesprochen. Der 35-Jährige gibt dabei nicht nur Einblicke in die laufende Trainersuche, sondern teilt auch seine persönlichen Empfindungen, mit denen er diese richtungsweisende Entscheidung getroffen hat.

Chris, du hattest heute eine schwere Entscheidung zu treffen. Christian Tiffert wurde mit sofortiger Wirkung als Cheftrainer des Chemnitzer FC freigestellt. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Chris Löwe: Wir haben in den letzten Wochen eine Entwicklung hinter uns, die weder die Vereinsführung noch Christian zufriedenstellen kann. Wir haben am Freitag in Meuselwitz wiederholt eine Leistung gezeigt, die nicht gut war. Wir haben uns seit dem Abpfiff in Meuselwitz ununterbrochen Gedanken ausschließlich zu dieser Thematik gemacht und sind zu dem Schluss gekommen, dass die Mannschaft jetzt einen neuen Impuls braucht, um die dringend benötigte sportliche Trendwende herbeizuführen.

Hast du die Entscheidung allein getroffen?

Löwe: Nein, diese Entscheidung habe ich nicht allein getroffen und kann sie als Sportdirektor auch nicht allein fällen. Wir haben uns intern intensiv beraten und in den letzten Tagen die Meinungen verschiedener Verantwortlicher eingeholt. Außerdem haben wir ein langes, offenes Gespräch mit Christian Tiffert geführt. Letztlich war es ein gemeinsamer Entschluss der gesamten Führungsetage, dass ein Trainerwechsel jetzt die beste Entscheidung ist, um die Weichen dafür zu stellen, dass wir in einer neuen Konstellation möglichst schnell wieder auf die Erfolgsspur zurückkehren.

Du hast selbst noch bis Sommer unter Christian Tiffert gespielt. Jetzt musstest du ihn nach nur sechs Spieltagen entlassen. Wie schwer ist dir diese Entscheidung gefallen?

Löwe: Das war eine brutal schwere Entscheidung – auch aus menschlicher Sicht, da will ich gar nicht drumherum reden. Wir kennen uns seit zwei Jahren. Ich war Spieler unter ihm und habe weiterhin einen riesigen Respekt vor Christian als Fußball-Persönlichkeit und auch als Mensch. Diese Entscheidung ist nicht leichtfertig über Nacht gefallen, sondern war das Ergebnis eines langen und intensiven Abwägungsprozesses. Trotz der Schwere der Entscheidung stehen sowohl ich als Sportdirektor als auch der gesamte Verein geschlossen dahinter, weil wir überzeugt sind, dass es der richtige Schritt für die Zukunft des Vereins ist.

Wie hat Christian selbst die Entscheidung aufgenommen?

Löwe: Christian hat die Entscheidung sehr professionell aufgenommen. Er ist ein echter Profi und kennt das Fußballgeschäft sowie die damit verbundenen Mechanismen seit Jahrzehnten. In unserem Abschiedsgespräch hat er uns allen, dem gesamten Verein, viel Erfolg und alles Gute für die Zukunft gewünscht. Das unterstreicht noch einmal seinen guten Charakter und seine Größe als Mensch.

Am frühen Nachmittag habt ihr die versammelte Mannschaft in der Kabine über die Beurlaubung ihres bisherigen Cheftrainers informiert. Wie haben die Spieler darauf reagiert?

Löwe: Es war still in der Kabine, aber das habe ich selbst auch nie anders erlebt. Eine Trainerentlassung ist immer auch ein Stück weit eine Niederlage für die Mannschaft. Letztlich gibt der Trainer die Richtung vor, aber die Spieler müssen es auf dem Platz umsetzen, und das hat in den letzten Wochen nicht wie gewünscht funktioniert. Jetzt ist es an den Spielern, sich zu hinterfragen, wie es so weit kommen konnte. Schon gegen Chemie Leipzig sollten wir alles dafür tun, um die Wende in der Liga zu schaffen. Aber bereits am Samstag in Irfersgrün erwarten wir eine Reaktion und eine überzeugende Leistung im Sachsenpokal.

Für dich ist es die erste Trainersuche als Sportdirektor. Wie gehst du jetzt vor?

Löwe: Wir haben bereits einige Kandidaten im Blick, auf die wir jetzt zugehen werden. Dabei möchte ich betonen, dass wir keine Aktivitäten auf dem Trainermarkt unternommen haben, bevor Christian persönlich über unsere Entscheidung informiert wurde – das ist für mich auch eine Frage des Respekts. Nun, da die Entscheidung öffentlich ist, haben wir die Trainersuche offiziell gestartet. Der nächste Schritt besteht darin, persönliche Gespräche mit potenziellen Kandidaten zu führen und eine sorgfältige Auswahl zu treffen.

Welche Anforderungen muss der neue Trainer erfüllen?

Löwe: Manchmal sind es schon kleine Veränderungen – eine neue Ansprache oder einfach ein frisches Gesicht in der Kabine – die helfen, den Kopf nach einer Niederlagenserie frei zu bekommen. Solche Kleinigkeiten können dafür sorgen, dass der letzte Pass wieder ankommt und das nötige Quäntchen Glück zurückkehrt. Unser neuer Trainer muss in der Lage sein, die Mannschaft neu zu begeistern und ihnen das verloren gegangene Selbstvertrauen zurückzugeben. Es geht darum, die Form jedes einzelnen Spielers schnell wieder zu verbessern. Regionalliga ist manchmal simpel. Wir haben eine Mannschaft mit viel Potenzial und brauchen jemanden, der dieses Potenzial freisetzt.

Bis wann wollt ihr einen neuen Trainer vorstellen?

Löwe: Die kommenden Tage werden stressig, aber es geht nicht nur darum, schnell zu handeln – vor allem wollen wir die richtige Entscheidung treffen. Lieber nehmen wir uns einen Tag länger Zeit, als überstürzt zu handeln, denn dieser Schritt muss sitzen. Deshalb setzen wir uns auch kein festes Datum. Wir alle haben gesehen, was passieren kann, wenn man unter Druck eine neue Personalie verkünden muss, wie etwa beim FC Bayern. Das wollen wir vermeiden. Wir arbeiten intensiv daran, die bestmögliche Wahl zu treffen und hoffen, den neuen Trainer bald vorstellen zu können – idealerweise sitzt er schon gegen Chemie Leipzig bei uns auf der Bank.

Chris, vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei der Suche eines neuen Cheftrainers für den CFC.

Interview: Henry Buschmann & Yannic Gillmeister