Freitag, 20.09.2024

Interview mit Luis Lungwitz: "Der Verein, für den ich als Kind im Stadion stand"

Vor dem Start ins Wochenende werfen wir einen Blick auf unseren Campus. Heute im Fokus: Nachwuchs-Torwarttrainer Luis Lungwitz. Der 21-Jährige galt als vielversprechendes Nachwuchstalent und wechselte als Teenager in die Knappenschmiede des FC Schalke 04, wie einst Ralf Fährmann.

Im Gespräch erzählt der Chemnitzer, wie es für ihn als CFC-Fan war, für seinen Heimatverein zu spielen. Wir sprachen über seinen Werdegang im Nachwuchsfußball und das vorzeitige Ende seiner aktiven Karriere, bevor sie richtig beginnen konnte. Zudem ging es um seine Ziele als Trainer und seine enge Verbundenheit mit dem Chemnitzer FC sowie seiner Heimatstadt.

Luis, viele Kinder träumen davon, möglichst viele Tore zu erzielen und als großer Stürmer-Star berühmt zu werden. Du hast dich für die andere Seite entschieden und verhinderst lieber Tore. Wie kam es dazu?

Ich habe mit vier Jahren beim ESV Lok Chemnitz angefangen Fußball zu spielen. Da hat mich mein Vater ins Tor gestellt, weil ich ein Kind war, das sich immer gerne in den Schlamm geworfen hat. Mein Vater stand dann bei fast jedem Spiel hinter meinem Tor, und ich habe diesen Rückhalt gespürt. Es war wichtig für mich, zu wissen, dass jemand da ist, der mich aufbaut, wenn ich Fehler mache oder mich in wichtigen Phasen pusht.

War die Familie also ein wichtiger Faktor für deinen Einstieg in den Fußball?

Auf jeden Fall. Mein Vater und mein Onkel haben beide beim FC Karl-Marx-Stadt gespielt, und auch meine Mutter ist fußballbegeistert. Dadurch war der Weg für mich schon früh vorgezeichnet.

Die Nähe zum Verein wurde dir also schon früh mitgegeben?

Das kann man so sagen. Mit sechs Jahren war ich zum ersten Mal im Stadion und habe danach fast jedes Heimspiel mit meinem Vater und meinem besten Freund besucht. Ich war beim Aufstieg 2011 gegen RB Leipzig dabei und habe auch die Zeit in der 3. Liga miterlebt.

Wie hast du den Moment erlebt, als du an den CFC-Campus gewechselt bist?

Es war ein echtes Privileg. Als kleiner Junge habe ich auf den Rängen oft davon geträumt, eines Tages für den Chemnitzer FC zu spielen. Als es dann tatsächlich so weit war, konnte ich es kaum glauben.

Wie blickst du heute auf deine Zeit am CFC-Campus zurück?

Ich bin sehr dankbar für diese Zeit. Viele der Jungs, mit denen ich damals gespielt habe, treffe ich noch regelmäßig. Wir haben in der Jugend viel Zeit miteinander verbracht, und die Mannschaft wurde zu einer Art Familie. Der Kern dieser Truppe besteht bis heute, und wir halten immer noch engen Kontakt.

2019 kam ein großer Schritt für dich: Du bist nach Gelsenkirchen in die Knappenschmiede gewechselt. Wie kam dieser Kontakt zustande?

Das ist eine lustige Geschichte. Meine Eltern waren in Karlsbad im Wellnessurlaub. Kurz nach der Ankunft lagen sie im Wellnessbereich, als eine unbekannte Nummer meinen Vater anrief. Als er abhob, meldete sich plötzlich ein Verantwortlicher des FC Schalke 04. Ich war zu dieser Zeit mit der Landesauswahl bei einem Turnier. Als ich zurückkam, haben meine Eltern mich in die Küche gerufen und wollten mit mir über meine Zukunft sprechen. Dann haben sie mir vom Angebot von Schalke erzählt. Ich wusste erst gar nicht, was ich sagen sollte. Danach sind wir nach Gelsenkirchen gefahren und haben uns das Gelände angeschaut. Da stand für mich dann fest, dass ich dieses Abenteuer mitnehmen will, also habe ich den Vertrag unterschrieben.

Das war als 16-Jähriger der erste Schritt für dich aus deinem gewohnten Umfeld. Wie hast du dich dabei gefühlt?

Es war sehr schwierig für mich. Meine Familie war mir immer schon sehr wichtig und daran hat sich bis heute nichts geändert. Bis zu diesem Zeitpunkt war ich fast jedes Wochenende bei meinem Großvater zu besuch, der im Altersheim lebte. Nach dem Wechsel fiel dieser Kontakt fast vollständig weg. Sportlich lief es gut; ich habe viel gespielt und wurde sogar auf Abruf für die Junioren-Nationalmannschaft nominiert. Dennoch wurde der Schmerz irgendwann zu groß, ich habe meine gewohnte Umgebung und mein Zuhause vermisst, weshalb ich nach zehn Monaten zurück nach Chemnitz gewechselt bin.

Was konntest du aus deiner Zeit auf Schalke mitnehmen?

Zum einen habe ich gelernt, was es bedeutet, Profi zu sein. Die Atmosphäre im Training war ganz anders als in Chemnitz. Die Intensität und die Zweikampfhärte waren deutlich höher, und jeder war vor allem darauf fokussiert, sich selbst voranzubringen. Auf der anderen Seite bin ich auch selbstständiger geworden, da wir als Spieler im Wohnheim mehr oder weniger auf uns allein gestellt waren.

Wenn du auf deine gesamte Zeit als Nachwuchstorhüter zurückblickst: Wer hat dich am stärksten unterstützt?

Wie bereits erwähnt, haben meine Eltern eine große Rolle gespielt, ebenso wie mein leider verstorbener Opa. Zudem gab es Trainer, die mir besonders geholfen haben, wie Daniel Wölfel und Torsten Wappler. Auch Ralf Fährmann, mit dem ich während meiner Zeit auf Schalke Kontakt hatte, spielte eine wichtige Rolle. Er hat mir von seiner eigenen Jugendzeit auf Schalke erzählt und von den Herausforderungen, mit denen er damals konfrontiert war. Das hat mir sehr geholfen.

Mit 19 Jahren bist du bereits sehr früh Trainer geworden. Woher kam deine Begeisterung für den Trainerjob?

Ich glaube, ich kann gut auf Menschen zugehen und Wissen vermitteln. Mein damaliger U19-Trainer Jonas Stefan hat mir gesagt, dass er einen Trainer in mir sieht. Zudem wollte ich meine Erfahrungen aus den Jahren am CFC-Campus und der Knappenschmiede weitergeben. Daraufhin habe ich mich mit dem damaligen Nachwuchsleiter zusammengesetzt, und wir haben gemeinsam einen Plan entwickelt. Ein großer Dank geht dabei an Romy Mühl und die Firma Millcura aus Frankenberg, die mich seit Jahren bei meinem Traum, Trainer zu werden, unterstützen.

Eine eigene Karriere im Tor des CFC stand also nicht zur Debatte?

Als ich von Schalke zurück nach Chemnitz kam, habe ich mir im ersten Training zwei Bänder im Ellbogen gerissen und musste mehrere Monate pausieren. Als ich zurückkam, hatte ich mit David Wunsch einen starken Konkurrenten, und es war klar, dass nur einer von uns in den Herrenbereich hochgezogen werden würde. Ich hatte Probetrainings bei verschiedenen Dritt- und Viertligisten, aber für mich war klar, dass ich beim CFC bleiben wollte. Das ist der Verein, für den ich schon als kleines Kind als Fan im Stadion gestanden habe und bei dem ich auch meine Zukunft sehe.

Nachdem Paul Küas den CFC in Richtung New York verlassen hat, bist du vorübergehend als Torwarttrainer bei den Profis eingesprungen. Wie hast du diese Zeit erlebt?

Ich war sehr glücklich, als ich gefragt wurde, ob ich mir das vorstellen könnte. In einer sportlich schwierigen Phase der letzten Saison habe ich viel Vertrauen vom Verein gespürt. Das erste Spiel im Stadion war ein unvergessliches Erlebnis. Ich habe am Donnerstag die Arbeit aufgenommen und am Freitag haben wir gegen Luckenwalde gespielt. Es ging alles sehr schnell. Es waren Momente, die ich nie vergessen werde. Dieses Vertrauen hat mich unglaublich stolz gemacht. Gleichzeitig ist es Motivation, mich als Trainer jeden Tag weiterentwickeln zu wollen.

Ist es dein Ziel, irgendwann auf die Trainerbank der ersten Mannschaft zurückzukehren?

Absolut! Ich bin Chemnitzer und habe hier zusammen mit meiner Freundin ein Zuhause gefunden. Ich bin sehr glücklich und kann mir momentan nicht vorstellen, die Stadt oder den Verein zu verlassen. Ich wünsche mir sehr, irgendwann wieder als Trainer auf der Bank bei den Profis zu sitzen.

Luis, vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg auf deinem weiteren Weg genauso, wie bei der Arbeit mit unseren Nachwuchskeepern.

Interview: Yannic Gillmeister